Arnold J. Toynbee. Kultur am Scheidewege. Wiederholt sich die Geschichte? - Eine kritische Auseinandersetzung.

„Wiederholt sich die Geschichte?“ - „muss sie sich wiederholen?“ – „kann sie sich wiederholen?“ — eine sehr prägnante Fragestellung. Toynbee versucht erst durch einen Rückblick in versunkene Kulturen (zB Sumerer, Hettiter, Inkas) eine Hinführung zur Diskussion, wobei er sich sogleich die Definitionsfrage von Geschichte stellt. Die Vorstellung, dass die Geschichte der Menschheit (nicht nur) vorbestimmt ist, scheint dem Autor Angst zu machen. Er ist damit nicht alleine; die katholische Kirche hat eine ähnliche Herangehensweise.
Die grundsätzliche Vorherbestimmung kann durch eigene Entscheidungen des Menschen bzw. der Menschheit verändert oder auch nur abgeändert werden. Toynbee versucht dies anhand eines Beispiels, der Amerikanische Bürgerkrieg, fest zu machen. („Wie, wenn General Lee sich erst im Juni 1865 zur Kapitulation gezwungen gesehen hätte? ...“) Inwiefern kann die Entscheidung eines Menschen die eventuell vorbestimmte Geschichte verändern? Der Autor wählt eine philosophische und auch religiöse Zugangsweise zu dieser Fragestellung. Wohl führt er einige Beispiele an, die für eine Wiederholung der Historie sprechen. Zahlreiche Kulturen haben einen ähnlichen Werdegang erlebt wie „unsere“ aktuelle Kultur. „Unsere“ aktuelle Kultur deshalb unter Anführungszeichen, weil dieser Text aus dem Jahre 1949 stammt und sich „unsere“ Kultur weiterentwickelt hat.
Toynbee argumentiert dahingehend, dass die Menschheit aus den Fehlern früherer Kulturen lernen kann und so in der Lage ist zur gegebenen Zeit anders zu handeln (und einen Untergang der „aktuellen“ Kultur zu vermeiden). Seinem Ansatz einer Weltregierung durch die Vereinten Nationen kann ich nicht ganz folgen. Dies mag auch am Alter des Textes liegen. 1949 standen sich zwei starke Weltmächte (USA und Russland) gegenüber. Heute, 2008, gibt es weitere große Mitspieler am Rasen einer Weltregierung.
Als Quintessenz dieses Essays verstehe ich die Wahlfreiheit des Menschen, welche dazu beitragen kann dass sich Geschichte wiederholt – oder eben nicht: Der Mensch als Weichensteller.

Ein Thema wie dieses in Form eines Essays zu behandeln, macht meines Erachtens Sinn. Es handelt sich um eine zentrale Fragestellung, die sehr gut von verschiedenen Seiten diskutiert werden kann. Ein Essay sollte sich durch einen roten Faden auszeichnen, sprich eine logisch nachvollziehbare Argumentationslinie haben. Fachlicher Hintergrund ist Voraussetzung für das erfolgreiche Verfassen desselben. Denn: Ein Essay ist mehr als ein Kommentar, welcher durch Bewertungen Position bezieht. Sehr wohl darf der Essay stark die Position des Autors vertreten, eine klare Begründung dieser ist jedoch unbedingt notwendig.
Der Stil eines Essays ist einfacher und lockerer als der einer wissenschaftlichen Arbeit, wodurch diese Schriftstücke gute Kick-offs für eine wissenschaftsübergreifende Diskussion darstellen (können).

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